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Die Geschichte der stoischen Philosophie lässt sich in
drei Abschnitte gliedern:
- alte Stoa (4.- 3. Jh.)
- mittlere Stoa (2. - 1. Jh.)
- die Stoa der römischen Kaiserzeit.
Die Hauptvertreter der älteren Stoa
Die Heimat fast aller 'älteren' Stoiker war nicht mehr das
eigentliche Griechenland, sondern Kleinasien, während sie ihre
Lehrtätigkeit allerdings in Athen ausübten. Der Stifter der
stoischen Schule ist ZENON (ca. 336-264). Noch vor 300 gründete
er seine eigene Schule in einer bunt geschmückten Halle (Halle =
STOA); daher der Name Stoiker (= Hallenphilosophen). ZENON starb
durch Selbstmord.
KLEANTHES (ca. 331-230) wurde sein Nachfolger. Auch er soll
durch freiwilligen Hungertod sein Leben selbst beendet haben.
In der Leitung der Schule folgte dem Kleanthes CHRYSIPPOS
(ca. 280-207), der das stoische Gedankengut mit dialektischer
Technik ausbaute, so dass man sagte: "Gäbe es keinen
Chrysipp, so gäbe es keine Stoa." Uns sind nur kurze
Fragmente erhalten.
Neben anderen Nachfolgern sei vor allem PANAITIOS genannt;
er verpflanzte die stoische Philosophie nämlich dauerhaft nach Rom.
Die Stoiker betrachten sich im allgemeinen als die
Abkömmlinge der alten KYNIKER; ANTISTHENES und DIOGENES stehen
bei ihnen in höchstem Ansehen. Philosophie und Lebenszweck
bestehen für die Stoiker - genau wie für die Kyniker - in der
Übung der Tugend. Ohne Erkenntnis ist dieses nicht möglich.
Deshalb ist auch bei den Stoikern die übliche Einteilung der
Philosophie in Logik, Physik und Ethik sichtbar. Aber die
Wertschätzung dieser Gebiete ist ganz verschieden. Die Logik -
so lautet einer ihrer Vergleiche - ist der Umzäunung eines
Gartens ähnlich, die Physik dessen Bäumen, die Ethik allein
enthält das eigentlich Wertvolle: die Frucht.
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1. Logik der Stoiker
Die stoische Logik gliedert sich in die Bereiche: Rhetorik
und Dialektik. Um die Sprachlehre haben sich die Stoiker große
Verdienste erworben. Von ihnen rühren zum großen Teil die
üblichen grammatischen Bezeichnungen. Sprache bedeutete ihnen
nicht eine willkürliche Setzung der Worte durch den Menschen, sondern eine
Hervorbringung der Natur. Zur Logik gehört bei ihnen auch die
philosophisch wichtige Lehre von den Normen oder Kriterien und
ihrer Entstehung, eine Art Erkenntnistheorie auf psychologischer
Grundlage.
Die Seele gleicht bei der Geburt einer unbeschriebenen Tafel,
in die sich das Gesehene wie ein Abdruck in Wachs eindrückt und
so Vorstellungen hervorrufen. Von diesen bleiben in der Seele
Erinnerungsbilder zurück, die durch Verknüpfung zu Erfahrungen
werden. Sie sprechen aber auch von allen gemeinsamen Begriffen,
die erst zur wahrhaften Erfassung der Dinge durch den
vernünftigen Begriff führen; die RATIO ist also doch
beherrschend.
Sie zeigt sich nicht nur im expliziten Wissen, einem fertigen
Besitz von Begriffen und Prinzipien, sondern in einer
potentiellen Anlage, auf die auch der Begriff des 'logos
spermatikos', der also wie ein Samen in uns gesät ist, verweist.
Das Kriterium für die Wahrheit, liegt in der Vorstellung, die
ihren Gegenstand so klar erfasst, dass sie unmittelbare
Deutlichkeit erzeugt und so Zustimmung hervorruft.
Vor allem Chrysipp baute die Logik zu einem umfangreichen
Lehrsystem aus.
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2. Die Physik der
Stoiker
Monistische Naturlehre (Physik) und teleologischer
Pantheismus
Die Stoiker suchen den aristotelischen Dualismus monistisch
umzubilden. Stoff und Form, Körper und Geist sind ihnen eins,
die ganze Welt ist eine einheitliche, stofflich-körperliche,
kraftbegabte Substanz; viele Welten würden einen Widerspruch in
sich enthalten. So trägt ihre Physik zunächst einen geradezu
materialistischen Charakter. Wirklich ist nur, was Körper hat.
Wirken erfolgt nur durch stoffliche Ursachen. Nicht bloß die
Sinnendinge, sondern alles Seiende, Gott und die Seele, Tugenden
und Affekte, ja selbst Weisheit und Wahrheit sind körperlicher
Natur.
Unkörperlich sind nur der Raum, das Leere, die Zeit und die
Aussagebedeutungen. Allein im Stoffe sind immanente
vernünftige wirksam Kräfte. Die Urkraft aber, aus der sie alle
ausstrahlen, ist die Gottheit. Der Materialismus schlägt in
Pantheismus um. Die stoische Physik stellt sich als als Theologie
dar. Allerdings wird diese ewige allbelebende Urkraft wiederum
sehr naturalistisch aufgefasst. Sie ist eine Einheit von Materie
und Kraft.
Sie heißt - ähnlich wie bei Heraklit - das Feuer, welches
alle Dinge erzeugt, belebt und bewegt, wie das Feuer glühendes
Eisen durchdringt oder das warme Leben unseren Leib. Noch
kennzeichnender ist der Begriff des Pneuma, des belebenden Atems
und Hauchs, der alles stofflich-dynamisch durchströmt und die
Welt zu einem beseelten Ganzen macht.
Alles in der Welt folgt gemäß dieser einen Urkraft mit
Naturnotwendigkeit; diese unerbittliche
Notwendigkeit nennt der Mensch auch Verhängnis oder Schicksal -
FATUM. Das scheint die Teleologie ganz auszuschließen. Aber für
die Stoa ist gerade die Notwendigkeit zweckvoll und gut. Sie
bildet die kosmische Ordnung, die von Ewigkeit her besteht und in
der alles seinen Sinn hat. Das Urfeuer ist zugleich
Vernunftkraft, das Pneuma zugleich Logos. So wird das Verhängnis
zur Vorsehung. Eine ausführliche Theodizee oder Kosmodizee sucht
diese unsere Welt als die beste nachzuweisen.
Die menschliche Seele ist ein Abbild der Allseele. Sie ist
göttlichen Geschlechts, damit zugleich aber auch, wie jene,
körperlicher Natur, ohne dass deshalb die bleibende Auszeichnung
des Menschen als Vernunftwesen gemindert wird. Unsterblich ist
allein die Weltseele.
Die Einzelseelen erhalten sich nur eine Zeitlang nach dem
Tode, und zwar die schlechten und unwissenden, weil aus weniger
reinem und dauerhaftem Stoffe gefertigt, bloß eine kürzere
Zeit, während die guten an einem Orte der Seligen harren, bis
sie in dem nächsten großen Weltenbrand mit allem, was da ist,
wieder in die Einheit des göttlichen Urfeuers zurückkehren, bis
aus diesem eine neue Weltgeburt erfolgt.
Denn Weltentstehung, Weltverlauf, Weltuntergang kehren
periodisch wieder. Es gibt keine eigentliche Höherentwicklung im
Weltgeschehen, keinen Fortschritt, sondern nur eine ewige
Wiederkunft des Gleichen.
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3. Die stoische Ethik
Die Ethik wird von den Stoikern auf den mächtigsten und
ursprünglichsten der menschlichen Triebe gegründet. Das ist
aber ihnen zufolge nicht die Lust (cf. Epikur), sondern der
Selbsterhaltungstrieb. Aus ihm steigt auch der Wille des Menschen
zur Verwirklichung seiner eigenen Natur als Vernunftwesen empor.
Das Ziel des Menschen, das ihm allein innere Befriedigung und
Glück bringen kann, ist daher, mit sich einstimmig, sich selbst
getreu (Zenon) oder mit der Natur einstimmig (Kleanthes), der
Natur gemäß zu leben (SECUNDUM NATURAM VIVERE).
Welcher Natur gemäß? Der des Alls, des Einzelnen oder
beider? Auf diese Frage haben anscheinend nicht alle Stoiker
dieselbe Antwort gegeben. Die meisten stimmen mit Chrysipp darin
überein, dass beides miteinander im Einklang sei. Denn das
Vernunftlose gehorcht der ewigen Notwendigkeit aus ehernem
Zwange, das Vernünftige aber fügt sich dem Logos oder
göttlichen Weltgesetz aus freier Selbstbestimmung.
So vereint sich - freilich nicht ohne Widerspruch mit ihrer
Physik - die Freiheit des sittlichen Wollens mit der
unentrinnbaren Naturnotwendigkeit, der sie bei der Gestaltung
ihres Handelns unterworfen ist. Höchstes Ziel des Individuums
ist, aufzugehen im Allgemeinen.
Der Natur gemäß heißt zugleich: der sich selbst
bestimmenden Vernunft gemäß leben; denn der Entschluss dazu
folgt aus freier Wahl, entspricht einem ursprünglich in uns
gelegten Naturtriebe, der nicht irren kann. Die Tugend wird in
scharfen Gegensatz zur Lust gestellt, welche letztere höchstens
als Zuwachs, oder Nachgeburt zu ersterer hinkommt. Die Tugend
allein ist hinreichend zur Glückseligkeit (BEATITUDO). Darin
besteht ihre Autarkie, d.h. Selbstgenügsamkeit. Sie ist durch
Wissen zu erlangen, also lehrbar. Doch ist dieses Wissen kein
theoretisches, sondern ein durchaus praktisches. Der Tugendhafte
ist an sich der Weise.
Dies sind die wesentlichsten Grundlagen der stoischen Ethik.
Aber die Vernunft hat den natürlichen Trieb, sich in der
Wirklichkeit zu betätigen.
Damit kommen wir zur Angewandten Ethik oder Tugend und
Güterlehre. Die Autarkie der Tugend ist das positive Ideal des
Weisen. Ihr negativer Ausdruck ist die völlige Ausschaltung der
Affekte, auch der Trauer und des Mitleides, in der Apathie, d.h.
der Freiheit von den Leidenschaften: Lust, Begierde und Furcht,
die als unvernünftige Regungen, ja als Krankheiten der Seele zu
bekämpfen sind.
In stärkster Gegnerschaft zu Aristoteles und seiner Schule
werden die sogenannten äußeren Güter wie Ehre, Besitz,
Gesundheit, ja selbst das Leben als gleichgültige Dinge
behandelt. Das einzige Übel ist die Schlechtigkeit, das einzige
Gut die Tugend. Der Weise allein ist frei, reich, glücklich, ja
den Göttern gleich, der Tor dagegen elend und unwissend. In
einer Hinsicht übertrifft der Weise sogar noch die
Gottheit: er kann seine Seelenstärke im Dulden der Übel
beweisen, Gott nicht.
Eben so wenig führt der individual-ethische Standpunkt zu
starrer Isolierung des einzelnen; es gibt eine Gemeinschaft, da
alle Vernunftwesen einander von Natur verwandt seien. So werden,
wenn auch von einzelnen Stoikern kynische Züge berichtet wurden,
Freundschaft, Ehe, Staat nicht verworfen, sofern sie sittlich
gestaltet oder zu gestalten sind. Auch hier handelt es sich nicht
um einen Kompromiss. Denn da in allen Menschen eine und dieselbe
Vernunft lebt, so kann es im Grunde nur ein Gesetz, ein Recht,
einen Staat geben. Alle Menschen sind Brüder, die Sklaverei wird
verworfen.
Der wahre Stoiker ist Weltbürger (Kosmopolit). So hat sich
die aristotelische Politik jetzt zum Kosmopolitismus erweitert.
Zenon selbst hat das Ideal eines Weltstaates entworfen, in dem
keine Gerichtshöfe, Tempel und Tauschmittel mehr nötig sind.
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EPIKUROS, im Jahre 341 als Sohn eines athenischen
Schullehrers geboren, verlebte seine Jugend auf der Insel Samos,
hörte später in Athen Philosophen verschiedener Richtungen,
besonders den Demokriteer Nausiphanes, und bezeichnete sich
anfangs auch selbst als Anhänger Demokrits. 306 gründete er
seine eigene Schule, die er bis zu seinem Tode 270 leitete. Mit
den Studien war in dieser Genossenschaft, der auch Frauen und
Sklaven angehörten, ein heiter-geselliger Ton verbunden,
entsprechend der liebenswürdigen Persönlichkeit ihres Stifters,
dessen sittlichen Charakter seine Gegner - und ihnen folgend das
ganze christliche Mittelalter - mit Unrecht verdächtigt haben.
Erhalten sind nur drei Lehrbriefe, die einen kurzen Abriss der
Physik, Meteorologie und Ethik enthalten, sowie von seinen 37
Büchern 'Über die Natur' Buch II und IX zum Teil - auf
Papyrusrollen in Herculanum gefunden -, neuerdings weitere Stücke, insbesondere aus Buch XXVIII;
darüber hinaus
sind die 'Hauptlehren' oder 'Sprüche' erhalten, eine Art
Katechismus, zum Auswendiglernen für seine Schule bestimmt, dazu
eine erst 1888 im Vatikan entdeckte neue Spruchsammlung, sowie
noch eine größere Anzahl Fragmente aus seinen übrigen
Schriften.
Von seinen zahlreichen Schülern und Nachfolgern erwähnen wir
- als den für uns bekanntesten - den jung gestorbenen
römische Dichter Lukrez. Die epikureische Schule als solche hat
sich zwar nicht als langdauernd erwiesen, sondern sie endete im
ersten vorchristlichen Jahrhundert, aber sie gewann einen starken
praktischen Einfluss. Ihr Lehrinhalt blieb fast unverändert. Im
ganzen Mittelalter, ja bis in die neue Zeit hinein verketzert und
kaum gekannt, erlebte Epikurs Philosophie dennoch eine
Wiedererstehung. Auch sie gliedert sich in Logik, Physik und (als
wichtigsten Teil) Ethik.
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1. Die
Erkenntnislehre
Die epikureische Erkenntnislehre ist der stoischen
verwandt. Ähnlich wie dort, wird sie nicht sowohl um ihrer
selbst willen, sondern vielmehr als Einleitung zur Physik
betrieben, so wie diese als Einleitung in die Ethik.
Sie soll die Kanones, d.h. Normen der Erkenntnis und Kriterien
der Wahrheit, lehren, ist also Erkenntnistheorie, nicht Logik
oder Dialektik.
Im Grunde gibt es für die Epikureer nur einen Maßstab der
Erkenntnis: die sinnliche Wahrnehmung. Der Augenschein allein
führt unmittelbare Erkenntnis mit sich. Jedem Begriffe muss
unmittelbare Wahrnehmung voraufgehen. Werden die Objekte der
Wahrnehmung aufgehoben, so wird alles Denken mit aufgehoben. Die
durch Ansammlung von Wahrnehmungen entstandenen Vorstellungen,
nicht zu verwechseln mit den stoischen begrifflichen Charakter
tragenden, die zu Meinungen und Annahmen führen, sind trügerischer Natur, insbesondere, wenn sie sich auf Zukünftiges
oder Unsichtbares beziehen, und nur wahr, wenn direkte
Wahrnehmungen für sie oder wenigstens nicht gegen sie zeugen.
Auch die Vernunft erwächst aus der Wahrnehmung und hängt
ganz und gar von ihr ab. Mit den verwickelteren logischen
Operationen (Schlüssen usw.), die einer solchen rein empirischen
Wahrnehmungslehre schon durch die bloße Annahme einer
Gesetzlichkeit in den Veränderungen einen Stoß geben mussten,
haben sich, wie es scheint, erst die späteren Epikureer, wie
Zenon und Philodemus, beschäftigt.
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2. Die Physik
Epikurs Naturansicht ist nicht selbständigem
naturwissenschaftlichen Interesse entsprungen, sondern durch
seine ethische Arbeit diktiert: alle übernatürlichen Kräfte
werden aus der Welterklärung ausgeschieden, weil sie dem
Menschen seine Gemütsruhe rauben und ihn in beständiger Furcht
und törichtem Aberglauben erhalten.
Eine solche Weltanschauung fand Epikur am folgerichtigsten
durchgeführt in der Atomlehre Demokrits. Ganz folgerecht kann
zwar Epikur seinen Sensualismus doch nicht durchführen. Ein
festes, im Wechsel der Dinge Beharrendes muss es geben, weil
sonst aus Nichts Etwas würde oder Etwas in Nichts verschwände.
'Von Ewigkeit her existieren die Atome und der leere Raum.'
Die Teilung eines jeden Zusammengesetzten, immer weiter
fortgesetzt, führt zuletzt auf nicht mehr weiter teilbare
Urkörperchen oder Atome (atomos = unteilbar) als die
unzerstörbaren und unwandelbaren Elemente der Dinge. Soweit geht
Epikur mit Demokrit. Aber im Vergleich zu Demokrit vergröbert
Epikur die Atome sensualistisch. Er hebt ihre sinnlich-reale
Wirklichkeit hervor. Sie sind nur zu klein, um von unseren Sinnen
wahrgenommen zu werden. Den Charakter strenger
Naturnotwendigkeit, den Demokrits Lehre trägt, durchbricht
Epikur, indem er statt der ursprünglich richtungslosen Bewegung
eine durch ihre Schwere bewirkte senkrechte Fallrichtung - eine
Art Regen - der Atome annimmt. Dadurch sieht er sich dann zur
Annahme einer willkürlichen Abweichung einzelner Atome 'um ein
Kleinstes' von dieser senkrechten Richtung genötigt, um das
erste Zusammenprallen erklären zu können, aus dem alles Weitere
folgt.
Es kommt Epikur in erster Linie eben nur darauf an, alles
natürlich zu erklären und den Menschen so vor allem von zwei
Arten der Furcht zu befreien: der Furcht vor den Göttern und der
Furcht vor dem Tode.
Jede Zweckbestimmung und göttliche Leitung wird mit
Bestimmtheit abgewiesen. Gegen die Ausübung der Volksreligion
hatten die Epikureer aber nichts einzuwenden.
Die menschliche Seele besteht aus einem feinen, durch den
ganzen Körper zerstreuten luftähnlichen Stoff, dem ein
feuerähnliches und ein 'unnennbares' Element beigemischt sind.
Die von diesem Empfindungsorgan ausgehende Wahrnehmung wird
durchaus materiell gedacht. Sie entsteht dadurch, dass feinste
Teilchen von der Oberfläche der Dinge ausstrahlen und als deren
Abbilder in unsere Sinnesorgane eingehen, wie z.B. die
Luftströmungen in unsere Ohren.
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3. Die Ethik Epikurs
Als Ausgangspunkt wird ausdrücklich die Lust des
einzelnen und als Ziel, auf welches das natürliche Streben jedes
Wesens gerichtet ist, das glückselige Leben bezeichnet. Zur
völligen Glückseligkeit aber genügt die bloße
Bedürfnisbefriedigung des Augenblicks, die Lust 'in der
Bewegung' nicht, sondern es muss die bleibende Lust 'der Ruhe'
erreicht werden, die der Befriedigung nachfolgt.
Die höchste Frucht des sittlichen Lebens ist daher die
Ataraxie eigentlich das 'Ungestörtsein', d.h. die
unerschütterliche Ruhe des Gemüts. Der Maßstab der Lust ist
zwar zunächst das Gefühl; aber nicht jede Lust ist zu
erstreben, nicht jeder Schmerz zu meiden, z.B. nicht der, welcher
eine höhere Lust im Gefolge hat. Die geistige Lust ist ungleich
höher zu schätzen als die des Fleisches.
Wie Epikur persönlich ein durchaus musterhaftes und
sittenreines Leben in Mäßigkeit und Genügsamkeit führte, so
ist auch sein Ideal des Weisen - denn darauf läuft seine Ethik
genauso wie die stoische hinaus -, trotz des Mangels einer
strengeren wissenschaftlichen Begründung und trotz des
eudämonistischen Grundprinzips, ein durchaus edles.
Es wird fast mit denselben Zügen wie das der Stoiker
geschildert, vielleicht erst von Epikurs Schülern, die sich in
der Ausmalung desselben nicht von jenen übertreffen lassen
wollten. Der Weise weiß seine Begierden zu beherrschen, ist von
allem Äußeren unabhängig wandelt wie ein Gott unter den
Menschen und beneidet selbst bei Wasser und Brot Zeus nicht.
Stimmen nun auch diese allgemeinen Züge überein, so steht doch
im einzelnen die epikureische Ethik vielfach im Gegensatz zur
stoischen.
Vor allem fehlt der Pflichtgedanke, die Unterordnung des
Individuums unter das Allgemeine. Der Zweck des Staates ist
lediglich Sicherung der Gesellschaft gegen das Unrecht, von dem
die große Masse nur durch Strafen zurückgehalten werden kann.
Am besten ist es, sich von den Aufregungen des politischen Lebens
überhaupt fernzuhalten. 'LEBE IM VERBORGENEN!', lautete einer
der epikureischen Wahlsprüche, der also das 'Glück im am
heimischen Herd' preist.
Aus dieser Rücksicht auf möglichste Ruhe und Ungestörtheit
leiten sich auch Epikurs Bedenken gegen Eheschließung und
Familiengründung her, wenn er sie auch nicht gerade verboten
wissen will.
Nur die Freundschaft wurde von den Epikureern hochgehalten,
Milde gegen die Sklaven und Wohlwollen gegen alle Menschen
empfohlen.
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